Grüße in die Runde,
wir hatten uns mit dem nettem Herren vom IFA Museum in Nordhausen getroffen; es war sehr informativ und das möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten. Hier (vielleicht etwas zu) ausführlich:
Es fing damit an, dass wir pünktlich (wie zum Schichtbeginn) an den Türen des am IFA Museums standen und schon erwartet wurden, auf jeden Fall wurden wir scheinbar sofort erkannt (dank des dicken Ordners unterm Arm).
Eine mittelgroße Reisegruppe wurde gerade im Eingangbereich mit geschichtlichen Informationen versorgt. Der nette Herr sah uns, unterbrach seine Ausführungen und meint zu uns: "...sie wollen zu dem Herrn Franke, richtig? Bitte dort drüben melden." Alles starrte auf uns als wären wir ein erwarteter Staatsgast im Gebäude
Der Herr Franke begrüßte uns und bat uns (scheinbar) mit grinsender Vorfreude an den Tisch; das kam uns gleich sympatisch rüber. Wir erklärten kurz um was es geht und wie es dazu kam. Er erzählte uns, dass er von 1970 bis '92 dort tätig gewesen sei.
Er glänzte mit viel Fachwissen über die Dichtungen, welche die nicht dauerhaft funktionierten und verbessert werden sollten und mussten. Die verschiedenen Abteilungen und Instanzen die dafür nötig waren usw.
Der Briefumschlag (den ich dabei hatte) in dem die Dichtungen zwischen den Unternehmen hin- und hergeschickt wurden hatte es ihm aber am meisten angetan: Der musste lt. seinen Aussagen ja über die Grenze geschickt werden, und der "...ging mit sicherheit durch Stasi Hände, alleine die vielen Stempel und Freigaben darauf...".
Er erklärte uns, dass es nicht so einfach gewesen sei West-Ware zu ordern, denn es musste vorher nachgewiesen werden, dass die DDR nicht in der Lage ist ein vergleichbaren Produkt in annehmbarer Qualität zu fertigen, bevor der "Westen" um Hilfe gebeten wurde; da Westware mit Devisen eingekauft werden musste.
So musste Maschinenbau Anaberg-Buchholz wohl Versuche starten "ordentliche" Dichtungen herzustellen um anschließend zu belegen, dass die benötigte Qualität nicht ausreichend ist.
Die Dichtungen von ELRING waren wohl dann das absolute Premium-Produkt: Die eingelassenen Kupferringe haben breitere Auflageflächen im Durchmesser. Da in den Köpfen um die Auflageflächen meist schon durch Kontaktkorrosion etwas "Luft" enstand, wurden die Kupfferdichtring-Durchmesser vergrößert. Weiterhin wurde eine Premiumverbundfaser als Träger genutzt (er hat dazu einen genauen Begriff genannt, ich konnte ihm mir leider nicht merken). Er wusste den Fach-Begriff immernoch auf anhieb, weil er diesen damals "...sehr oft verwenden musste". Die Kanten des Dichtung wurden alle mit einem speziellem Harz getränkt, um ein Ausfransen zu verhindern. Grafit spielte da wohl auch eine Rolle und noch ein paar weitere Kleinigkeiten an den Dichtringen, welche direkt zur Kühlung an der Laufbuchse beeinflussend war.
Die ganze Materialoptimierung, Forschung, Erprobung und Verbesserung hatte aber dann gegen 1989/90 keinen mehr richtig interessiert im Werk, da absehbar war was mit dem Werk zur Wende passieren würde.
Da ich noch etliche Dichtungen aus "unterschiedlichen Jahrgängen" hatte, hab ich natürlich auch von jeder jeweils eine mitgebracht. Nach der hoffnungsvollen Frage von Herrn Franke, was wir wohl damit machen würden, haben wir ihm gleich gesagt, dass wir alles dem Museum überlassen würden, falls Interesse besteht.
Wir haben alles, inkl. den Briefumschlägen und Schreiben übergeben; er hat sich darüber sehr gefreut.
Wir durften anschließend noch in seine "heiligen Hallen" hinter die Kulissen; quasi in die Räume hinter den offenen Ausstellungen. Dort werden Teile gelagert, welche gerade nicht ausgestellt werden, viele Ersatzteile um alte Motoren am laufen zu halten oder (worauf er sehr stolz war) viele Kleinteile mit IFA-Originalverpackungen.
Alles gehortet in großen Regalen, "...sieht fast aus wie bei uns...". Ich erwähnte, dass wir unsere Oldtimer ja auch mit gehorteten Teilen am laufen halten, was die ganze Sympathie nur noch weiter aufbaute
Die "heutigen Schrauber, die die ganzen IFA-Odltimer am Laufen halten" wurden erwähnt, "...das es da viele Verrückte dabei gibt, die den Motor schon besser kennen als die Leute damal im IFA-Werk", teilweise Turbolader nachgerüstet werden und Teile neugefertigt werden. Er lobte das familiäre Umfeld der Vereine, welche Touren und Treffen veranstalten. Einen Kalender zeigte er uns auch.
Es waren mittlerweile 1,5 Studen vergangen. Leider hatte der gute Mann schon einen weiteren Termin mit einen schon seit einer halben Stunde wartenden Studenten (für eine Referat über Traktor-Motoren), sonst hätte man sich sicher noch lange weiter unterhalten können...
Wir verblieben kutz und knapp so: ich hinterließ meine Daten und er meldet sich "demnächts"... Bin ich drauf gespannt
War auf jeden Fall ein sehr nettes und symphatisches Eintauchen in die Geschichte und das aus erster Hand.
Vielen Dank für das Herstellen des Kontaktes an Philipp und alle Mitwirkenden